Frank Albrecht

CV

1955 geboren in Gifhorn
1976–81 Studium an der Universität Bremen (visuelle Kommunikation/Ästhetik, Arbeitslehre/Technik)
1991–94 Studium an der Universität Bremen (Religionswissenschaft– Ethnologie, Symbolforschung)
Einzelausstellungen (Auswahl)
2023 „available space", mit Ruth Bisping, Galerie Tor6 Theaterhaus, Bielefeld
„Zeichenlandschaft“, Malerei, GaDeWe, Galerie des Westens, Bremen
2017 „Instants Volés“, Fotografie, Institut Francais, Bremen
2016 „Bus To Beyoglu“ (Istanbul im Wandel), Fotografie, Villa Ichon, Bremen
2011/12 „Im Bauch der Schlange“, Fotografie, Nordwolle, Delmenhorst
2010 „Soyez Dans Le Moov", Fotografie, Villa Ichon, Bremen
2001 „La Haute Brousse“ (Hommage an Amadou Hampaté Ba) Zeichnungen, Zwischenzeitwerkstatt, Bremen
1995 „Les Caimans Du Sahel“, Zeichnungen, GaDeWe, Bremen
1992 „I Am Singing About The Wind, The Soil And The Water“, Malerei, Objekte, Galerie Lukas, Grasberg
1990 “Earthworks”, Zeichnungen, GaDeWe, Bremen

Frank Albrecht | Zeichenlandschaft

Grund, Farbe und Form, das ist das Spielfeld der Malerei. Seit 1988 macht Frank Albrecht Kunst. Er fotografiert, zeichnet und malt. Sein aktueller Schwerpunkt liegt auf der Malerei, dabei sind eigene Zeichnungen meist die Grundlage. Bildelemente und räumliche Bezugspunkte der Vorlage treten jedoch bis zum Verschwinden zurück, über die Grenze zur Abstraktion hinweg, als Transformation in eine eigene bildnerische Form. Es entstehen dichte, intensive Bilder, die von Substanz und Wirkung der Farbe erzählen. Durch das Verknüpfen einer komplexen Anzahl von Arbeitsschritten, Ergänzungen und Überarbeitungen hat sich das fertig gemalte Bild von einer Abstraktion von Natureindrücken mehr und mehr entfernt.

Beeinflusst sieht sich Frank Albrecht vom abstrakten Expressionismus der New York School. Das war eine locker zusammengestrickte Gruppe von Malern, die in den 1940er und 50er Jahren in New York ansässig waren. Die symbolischen und narrativen Komponenten des Bildes werden für ungültig erklärt und die materielle Realität des Bildes wird zum einzigen Parameter. Das Bild soll kein Bild von etwas oder Bild über etwas sein, sondern immer autonom, ohne externe Verweisfunktion: Gefühl, Emotion und Spontanität sind hier wichtiger als Perfektion, Vernunft und Reglementierung. Frank Albrecht hat kein Interesse am Narrativen, Illustrativen oder Psychologischen.

Was steht am Anfang der künstlerischen Arbeiten? Im Hintergrund der Werke stehen Landschaften, oftmals Flusslandschaften, Gesteinsformationen, selten urbane Situationen, malerisch transformiert in eine totale Abstraktion. Der Ursprung kann eine alltägliche Situation irgendwo an einem Fluss in der norddeutschen Tiefebene sein, meist sind es aber seine Natur-Begegnungen auf Reisen nach Westafrika, Marokko oder auch in die Türkei. Er liebt archaische Welten, wandert gerne in alten Kulturlandschaften, beschäftigt sich mit Symbolforschung als ein Hinweis auf eine Welt im Hintergrund, die größer ist als das Alltägliche.
Das Interesse geht so weit, dass er noch ein zweites Studium in Religionswissenschaften abgeschlossen hat.
Alte, geheimnisvolle Kulturen wie z. B. die der Dogon in Westafrika interessieren, faszinieren ihn – und sind u. a. Thema für seine ersten Einzelausstellungen geworden. Hier hatte er speziell einen religions-ethnologischen Hintergrund.
Auf seinen Reisen durch die Länder des Sahel fährt er mit dem Buschtaxi, steigt in irgendeinem kleinen Dorf aus und geht zu Fuß zurück und verliert sich dort, findet plötzlich ein Flussufer, obwohl es dort nur Sand, Hitze und Staub gibt, und dann ist da auf einmal ein kleines Bächlein, das ihn magisch anzieht. Träges Wasser fließt dahin, meditativ, vielleicht eine Welle, die ans Ufer schwappt. Temporäre Naturphänomene, das schon wieder Verschwundene. Geschwindigkeit, Dynamik, Ruhelosigkeit, Chaos. Wasser fließt – welche Effekte sind damit verbunden? Es geht meistens um den flüchtigen Moment. Er wird zeichnerisch oder fotografisch dokumentiert, ein Flussufer, Reflektionen auf dem Wasser, das Spiegelbild eines Baumes im Wasser oder sein Schatten. Für die Weiterverarbeitung wird von ihm dann ein sehr kleiner, extremer Ausschnitt gewählt.

„Das Flüchtige aufnehmen, den Moment einfrieren, der nur kurz als Schatten auf der Netzhaut aufblitzt und schon wieder verschwunden ist. Und doch irgendwo ein Echo hinterlässt. Fragmente auf eine abstrakte Zeichenlandschaft reduziert.“

Es entstehen Oberflächen, die wiederum an Landschaften erinnern. Wird eine Landschaft nicht lediglich durch das Vorhandenseins eines Horizontes definiert? Im Kräftespiel des eher beschränkten Farbspektrums zwischen der schwarzen und der weißen Farbe entstehen Ströme, Farbströme in mal stockendem und mal beschleunigtem Bewegungsablauf. Alles scheint in Bewegung zu bleiben, als suchten sich die Formen einen neuen Ort – die Bildgrenzen könnten sich öffnen und mit anderen Bildern aus der Werkserie verschmelzen.

„Meine Bilder lege ich vorher in Bleistiftzeichnungen und einfachen Skizzen an, gelegentlich auch in Form kleinerer Leinwände mit Ölfarbe. Hier arbeite ich an der Komposition. Bei dieser Umsetzung spielt dann die besondere Materialität der Ölfarbe eine entscheidende Rolle: Farben verlaufen, Flächen decken sich lasierend ab, Linien verschwinden und tauchen wieder aus der Tiefe des Raums auf. Im Prinzip ist der Akt des Malens bei mir ein Prozess des Modellierens…“

Frank Albrecht rührt seine Farben selbst an. Die Leinwände werden zuerst mit grauer Ölfarbe grundiert, auf die zahlreiche Schichten von Schwarz und Weiß, zunächst Deckweiß und Eisenoxid-Schwarz mit dem Pinsel oder Rakel aufgetragen werden. Danach verwendet er gezielt andere Weiß- Zusammensetzungen wie Titanweiß und transparentes Zinkoxid. Um dem Schwarz mehr Tiefe zu geben, arbeitet er mit Elfenbeinschwarz. Die Farben verdichten sich zu flächigen, scheinbar fließenden Zonen, die übereinander lagern. Durch das mehrfache Übermalen wird nicht ausgelöscht, sondern es wird die Komplexität sichtbar gemacht. Die Flächen wirken zerrissen, ein Blick durch das Mikroskop auf netzartige Flechtwerke? Oder eine Kollision der Farben? Eine Verschmelzung?
Die Substanz der Farbe und das Aufbringen auf die Fläche stehen im Mittelpunkt. Auf diese Weise gestaltet er den Raum und seine Tiefe.
So entsteht aus dem Chaotischen eine Welt der Zeichen.

Matina Lohmüller

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